Der Klimawandel in der Politik
1.1 Wie der Klimawandel zum Politikum wurde
Erst in den letzten gut 250 Jahren seines Daseins hat der Mensch gelernt, die fossilen Brennstoffe Erdgas, Erdöl und Kohle zu verwenden. Genaugenommen beruht unsere ganze moderne Gesellschaftsentwicklung, unser ganzer technischer Fortschritt seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert auf der Nutzbarmachung dieser Energieträger. Bei deren Verwendung entsteht zwangsläufig und unabwendbar Kohlendioxid, CO2. Seitdem Menschen angefangen haben, fossile Brennstoffe im großen Stil zu verheizen, reicherte sich CO2 in der Atmosphäre an. CO2 ist ein infrarot-aktives Gas. Es wirkt deswegen in der Atmosphäre wärmedämmend. Diese Wirkung wird im Volksmund – pauschal, populistisch und außerdem physikalisch falsch – als Treibhauseffekt bezeichnet. Der potentiell wärmedämmende Effekt des atmosphärischen CO2 ist als solcher unter Wissenschaftlern unumstritten. Umstritten ist aber seit jeher, wie groß dieser Effekt auf das globale Klima dann wirklich ist. Einer der Ersten, der das auszurechnen versucht hat, war Svante Arrhenius (1). Er hat schon vor 125 Jahren die damals bekannten Strahlungsgesetze, einige andere physikalische Grundprinzipien und die Vorarbeiten etlicher Kollegen genutzt und erstmalig die durchschnittlichen Oberflächentemperaturen in Abhängigkeit vom CO2-Gehalt der Atmosphäre berechnet – oder besser gesagt: abgeschätzt.
Abgeschätzt sage ich, weil aus verschiedenen prinzipiellen Gründen sich eine CO2-abhängige Erderwärmung nicht so ohne weiteres exakt errechnen lässt – auch nicht mit Supercomputern! Anders als viele Klimaforscher es suggerieren, konnte sich die Wissenschaft bis heute nicht abschließend auf die Größe der sogenannten Klimasensitivität des CO2 einigen. Selbst für diese wichtigste Kennzahl, die angibt, bei welcher Erhöhung des CO2-Gehalts der Atmosphäre welche globale Erwärmung zu erwarten ist, gibt es bis heute nur grobe Schätzwerte.
Von der Klimasensitivität des CO2 über die Abschätzung der globalen Temperaturänderung bis hin zu einer Vorhersage des zukünftigen Klimas ist es aber ein sehr weiter Weg. Die Atmosphäre ist ein ungeheuer komplexes und über weite Strecken chaotisches, zufallsbestimmtes System. Eine wie auch immer definierte Durchschnittstemperatur ist ja auch nicht die Ursache für das Wetter, sondern sie ist die Folge des Wettergeschehens. Das langfristige Wetter und dessen Bandbreite ist aber das, was das Klima ausmacht. Arrhenius konnte seinerzeit aus der von ihm errechneten Temperaturänderung weder auf das Wetter noch auf das Klima schließen. So war er der Meinung, dass die von ihm errechnete Erwärmung für die Menschheit segensreich sein müsste. Von Wetterextremen und Dürren war bei Arrhenius nie die Rede.
Bei der Bekämpfung des Klimawandels geht es in erster Linie um die Verringerung der CO2-Emissionen. Es geht darum, welche Energieträger mittelfristig für eine Nutzung durch die Menschen in Frage kommen. Es geht um die sogenannte Energiewende weg von fossilen hin zu sogenannten „erneuerbaren“ Energieträgern. Jahrtausende lang ist der Mensch mit erneuerbarer Energie ausgekommen. Er hat Holz und Torf verheizt, er hat Wind- und Wassermühlen betrieben, er ist mit Segelschiffen gereist. Im Laufe der Zeit reichte das nicht mehr aus. Mitteleuropa und die Britischen Inseln waren am Ausgang des Mittelalters faktisch entwaldet; in den heutigen Niederlanden waren viele Moore ausgebeutet, überflutet und zu Seen geworden. Glücklicherweise fand man einen Ersatz. Der Mensch fing an, fossile Brennstoffe zusätzlich zum Holz und zum Torf zu nutzen: zunächst nur Kohle, dann mehr und mehr Erdöl und Erdgas; und zuletzt kam die Atomenergie hinzu. Parallel dazu hat unsere Gesellschaft den Sprung von der vorindustriellen Zeit in die technische Neuzeit geschafft. Die Nutzung fossiler Energieträger war das Erfolgsmodell, was uns in unser so angenehmes digitales Zeitalter versetzt hat.
Der Erfolg hatte aber von Anfang an einen Haken: Den Menschen wurde sehr schnell bewusst, dass die Vorräte an fossilen Brennstoffen wie alle anderen irdischen Ressourcen endlich sind. In den 1970er Jahren wurde zudem eine fortschreitende Umweltzerstörung unübersehbar, sie rückte mehr und mehr in das Bewusstsein der Menschen. Diese und das explosive Bevölkerungswachstum waren die größten Sorgen, als die Ölkrise und der Club of Rome mit seiner Studie „Die Grenzen des Wachstums“ (2) die Schlagzeilen beherrschten. In dieser Zeit entstanden auch die apokalyptischen cineastischen Zukunftsvisionen „Silent Running“ (3) und „Soylent Green“ (4). Kurz darauf, 1977, veranlasste die amerikanische Regierung das US-Außenministerium zu einer umfassenden Umweltstudie namens „Global 2000“ (5).
Die Studien und die Filme hatten die gleiche Botschaft: Wenn die Menschheit so weitermacht wie bisher und sich ungehemmt der irdischen Ressourcen bedient, bricht die ganze Sache früher oder später zusammen. Die Studien verorteten den Zeitpunkt des Zusammenbruchs um die Jahrtausendwende herum. Über diesen Zeitpunkt darf man getrost schmunzeln: Schon anlässlich der vorangegangenen Jahrtausendwende hatten die „Experten“ des Mittelalters den Weltuntergang prophezeit. Glücklicherweise irrten sich wieder einmal alle, sowohl die Studien als auch die Visionäre der Filmkunst, genauso wie schon die Propheten des Mittelalters oder die Interpreten des Maya-Kalenders. Die Welt ist immer noch nicht untergegangen.
Die „Global 2000“-Studie und die Weissagungen des Club of Rome beruhten auf sogenannten „Weltmodellen“. Diese hochtrabende Bezeichnung hat sich bis heute gehalten: auch die aktuelle Klimaforschung glaubt an ein „Earth Model“. Nach meiner Erinnerung hat der Club of Rome seinerzeit über das Klima nichts verlauten lassen; es gehört demnach nicht zur Welt. In der Studie „Global 2000“ tauchte es dann aber auf. Sie stellte unter anderem die Frage, ob und inwieweit sich das Klima bis zum Jahre 2000 ändern könnte. Die Studie bezog sich dabei auf eine Messreihe der amerikanischen National Oceanic and Atmospheric Administration NOAA zur globalen Temperatur. Demnach war diese zwischen dem Äquator und 80° nördlicher Breite zwischen 1884 und 1945 um etwa 0,5 K gestiegen, war dann aber bis 1970 wieder um gut 0,2 K gefallen. Die Frage war, welcher Trend setzt sich fort: der Anstieg oder das Absinken, oder bleibt alles, wie es ist?
Bei der Beantwortung dieser Frage standen die Studieninitiatoren dann vor einem Problem. Es zeigte sich nämlich, dass es keine validen Methoden gab, das zukünftige Klima vorauszusagen. Also befragte man 24 Meteorologen und Wissenschaftler verwandter Fachrichtungen aus sieben Ländern, ob sie sich in dieser Frage für kompetent hielten. Als diese das bejahten, hakte man nach, wie sie denn die weitere Temperaturentwicklung bis zum Jahr 2000 einschätzten.
Wie nicht anders zu erwarten, gingen die Meinungen der Experten weit auseinander. Einige nahmen an, die Temperatur ginge wieder auf den Wert von 1884 zurück, andere prognostizierten einen Anstieg um mehr als ein Kelvin gegenüber 1884. Parallel dazu wurden ein paar Szenarien mit mehr oder weniger veränderten Niederschlagsmengen und -verteilungen skizziert. Und es wurden auch unterschiedliche Annahmen bezüglich der Klimawirksamkeit von CO2, FCKWs, Aerosolen, Vulkanausgasungen und sonstigem Dreck in der Atmosphäre getroffen. Validiert wurde das Ganze, indem andere Berater die Ergebnisse diskutierten und dabei das Szenario verwarfen, das die größte Abkühlung versprach. Sie können dieses skurrile Verfahren auf den Seiten 1055 ff in der deutschen Übersetzung des Reports (5) nachlesen! Im Bericht findet man dann auch die bemerkenswerte Aussage, dass dessen Ergebnisse die „persönliche Meinung der Befragten“ darstellen. Man kann es treffender so sagen: Die Studie war keine wissenschaftliche Analyse, sondern gemeinschaftliche Kaffeesatzdeuterei. Sie war pure Spekulation.
In der breiten Öffentlichkeit fand eine Klimadiskussion zu diesem Zeitpunkt nicht statt. Wir erinnern uns: in den Siebzigern beherrschten bei uns der Kalte Krieg, die atomare Nachrüstung, die Anti-Atom-Bewegung und die Rote-Armee-Fraktion die Schlagzeilen. In den Achtzigern kamen die Perestroika, das vorübergehende Ende der Ost-West-Konfrontation, der Zusammenbruch der DDR und dann die deutsche Wiedervereinigung. Der Öko-Bauer Baldur Springmann wurde zum Vorbild für den ökologischen Landbau, im Bundestag wurde schon mal gehäkelt, gegen AIDS musste gekämpft werden, Vegetarier und Homosexualität wurden salonfähig; Klima aber fand nicht statt.
Es blieb daher von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, als die UNO auf Betreiben der USA im Jahre 1988 den Weltklimarat, das Intergovernmental Panel on Climate Change IPCC, etablierte. Seither veröffentlicht das IPCC mit schöner Regelmäßigkeit seine Berichte, die mit ebenso schöner Regelmäßigkeit den baldigen Weltuntergang orakeln.
Damit nahm die Sache endlich Fahrt auf.
1.2 Energiepolitik im Wandel der Zeit
Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts waren fossile Energieträger die einzigen ausreichend verfügbaren Energiequellen. Nur damit konnte der Energiebedarf der industriellen Gesellschaft bedient werden. In den 1970ern stand die Politik somit vor mehreren Problemen. Die Umwelt- und Landschaftszerstörung schritt fort. Ein erheblicher Teil der Zerstörung war auf den Schadstoffausstoß bei der Verbrennung von Öl und Kohle zurückzuführen, vor allem auf Ruß und Schwefelsäuren. Die Ölscheiche verlangten außerdem für die wichtige Energiequelle Erdöl plötzlich Unsummen – jedenfalls für damalige Verhältnisse. Als „Ölpreisschock“ ist das im Gedächtnis geblieben. Die Versorgung mit Öl aus dem Nahen Osten war darüber hinaus geopolitisch unsicher. Erdgas kam damals schon, zumindest in Europa, von einem anderen politischen Wackelkandidaten, aus der Sowjetunion. Die Versorgung mit den wichtigsten fossilen Energieträgern war gefährdet. Das kumulierte im Jahre 1973 in der sogenannten ersten Ölkrise, als uns der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt die autofreien Sonntage verordnete.
Energiesparen und Umweltschutz waren seit den Siebzigern das beherrschende Thema. Offiziell standen damals schon die Bestrebungen um die Erhaltung der Natur im Fokus. Die ebenso ausschlaggebenden und politisch bedeutenden geostrategischen Aspekte wurden in den Hintergrund gedrängt. Man sparte Energie, um die Umwelt zu schützen, und nicht etwa, weil man die Abhängigkeit von den Ölscheichen und den Sowjets fürchtete, und ihnen weder die Macht noch das Geld gönnte.
Glücklicherweise lag die Rettung in Sachen Energieversorgung nahe: Sie bestand in der Kernkraft, die schier unerschöpflich zu sein schien. Seit den 1960ern galt sie als beherrschbar. Die Politik setzte voll auf die Kernkraft. Überall auf der Welt wurden Atommeiler hochgezogen. Sie versprachen beides: eine saubere und praktisch unerschöpfliche Energiequelle, ohne sauren Regen und sonstigen Dreck in der Luft, und eine Unabhängigkeit von den unheimlichen Ölscheichen. Vor allem vor dem Hintergrund der unsicheren Verfügbarkeit an fossiler Energie boomte die Kernenergie.
Nun ist die Atomenergie eine riskante Angelegenheit. Zwar kann ein Kernreaktor auch im allerschlimmsten Fall nicht wie eine Atombombe explodieren; das ist physikalisch ausgeschlossen. Dennoch bedeutet ein „größter anzunehmender Unfall“, ein GAU, einen gewaltigen Kollateralschaden in der Umgebung des Meilers. Tatsächlich ereilte dann in den 1980ern zwei Kernkraftwerke dieses Schicksal. Zuerst betraf es das Kraftwerk „Three Miles Island“ in Harrisburg, USA, im Jahre 1979. Der Unfall ging trotz einer Kernschmelze gerade noch mal glimpflich ab. Wenig später, im Jahre 1986, jagten dann aber die Sowjets ihr Kernkraftwerk bei Tschernobyl im Wortsinn in die Luft. Das war nicht einmal ein Unfall im eigentlichen Sinn, sondern die katastrophale Folge eines geplanten, bedauerlicherweise aber misslungenen Experiments. Die Ironie dabei: bei dem Experiment ging es darum, den Ausfall der Stromversorgung zu simulieren, um so die Sicherheit des Reaktors nachzuweisen.
Wegen der erkennbaren Risiken mochten viele Menschen von Anfang an keine Kernkraftwerke; vor allem nicht, wenn sie in Windrichtung ihres Häuschens standen. Die Anti-Atomkraft-Bewegung etablierte sich verstärkt in den 1970ern und 1980ern. Aus ihr ging unter anderem die heute noch existierende Partei „Die Grünen“ hervor. Die Vorbehalte der deutschen Bevölkerung gegen die Kernenergie führten dann dazu, dass fast zwanzig geplante Kernkraftwerke gar nicht erst gebaut und mehrere fertiggestellte (u. a. Kalkar und Mülheim) nicht in Betrieb gingen. Bereits im Jahr 1989 gingen in Deutschland der Block Neckarwestheim 2 in der damaligen BRD und der Block Greifswald 5 in der DDR als bisher letzte Atommeiler ans Netz. Die Kernenergie geriet in Deutschland in eine existenzgefährdende Krise. Und nicht nur das: in der allgemeinen Angst vor dem Atom wurden auch die ehemaligen Kernforschungszentren in Karlsruhe und Jülich geopfert. Inzwischen dürfte hierzulande sehr viel kerntechnisches Knowhow verlorengegangen sein.
Glücklicherweise wurde bereits in den 1980ern klar, dass die Vorräte an fossilen Brennstoffen doch sehr viel größer waren, als zuvor vermutet. Sie reichten nach neuen Schätzungen noch für etliche Jahrzehnte. Zudem wurde deren Nutzung zeitgleich insgesamt sauberer. Dafür reichten banale Filteranlagen in Kraftwerken und Katalysatoren in den Autos .
Alternativen wie die Kernenergie oder so etwas Utopisches wie Windmühlen wurden damit überflüssig. Interessanterweise strengte man sich in dieser Zeit offenbar an, nachzuweisen, dass die Windenergie keine Lösung sein könne: GROWIAN, die erste große Windkraftanlage mit 150 Metern Höhe und rund 3 MW Nennleistung nahm 1983 den Probebetrieb auf. Der damals große Betreiber von Kernkraftwerken, die Firma RWE, war zu 25 % am Projekt beteiligt. Und so erbrachte das Experiment das energiepolitisch opportune Ergebnis: Das funktioniert nicht! Photovoltaik gab es zwar auch schon – aber nur für sündhaft teure Spezialanwendungen, etwa zur Stromerzeugung in Satelliten und Armbanduhren. Und ja, es gab auch ein paar Wasserkraftwerke, sogar Gezeitenkraftwerke. Das alles spielte aber bei der Energieversorgung keine große Rolle.
Spätestens nach den besagten Nuklearunfällen in den 1980ern war das Thema Kernenergie in Deutschland fast erledigt. Es dauert nicht mehr lange bis die erste Bundesregierung unter Beteiligung der Grünen (Partei) im Jahre 2000 den mittelfristigen Ausstieg aus der Atomenergie verfügte, den sogenannten Atomkonsens. Der wurde von der nächsten Regierung ohne die Grünen im Juni 2011 mit einer Laufzeitverlängerung dann prompt wieder gekippt, um nur ein paar Wochen später – im August 2011 – in einen sofortigen Totalausstieg umgewandelt zu werden. Inzwischen waren nämlich nach einem Erdbeben samt Tsunami in Japan vier der sechs Blöcke des Kraftwerks Fukushima Daiichi in einem lehrbuchgemäßen GAU in die Luft geflogen. Das bewog die Regierung Merkel zum Ausstieg aus der Kernenergie: Das Wahlvolk wollte es angeblich nicht anders. Damit war das Ende der Kernenergie bei uns besiegelt: Anfang 2021 waren noch sechs Atommeiler in Deutschland in Betrieb, Ende 2022 sollte der letzte abgeschaltet sein.
Parallel zu diesem Hin- und Her bei der Frage der Kernenergie hatte sich die Theorie vom menschengemachten Klimawandel etabliert. Deren vom IPCC verbreitete Kernthese war und ist, dass man sich blitzschnell von jeglicher Nutzung der fossilen Energieträger verabschieden müsse, weil sonst der unmittelbare Weltuntergang drohe. Folgsam entschieden unsere Regierungen, umgehend aus der fossilen Stromerzeugung auszusteigen – bis 2038 war das zunächst geplant; für den Kohleausstieg stehen je nach politischer Färbung der gerade amtierenden Regierung aber auch frühere oder spätere Termine im Raum. Aktuell soll es 2030 so weit sein.
Aus der Sicht der Nuklearindustrie konnte es zeitweise gar nicht besser laufen: nachdem der saure Regen der 1980er als Argument gegen Kohle und Erdöl kein Thema mehr war, nachdem die Verfügbarkeit von Erdöl, Kohle und Erdgas (auch als Methanhydrat) für die nächsten Jahrzehnte gesichert schien, und bei ihrem im Wortsinn katastrophalen Image hatte die Kernenergie zunächst keine realistische Marktchance und auch keine Lobby mehr. Jetzt aber, dank des IPCC und seiner Protagonistin Greta Thunberg samt Fridays for Future, wurde der Hauptkonkurrent der Atomenergie, die fossile Energie, erfreulicherweise zum absoluten No-Go. Demgegenüber verspricht die Kernenergie eine lange und CO2-freie Zukunft der Energieversorgung. Viele Länder der Welt, darunter unser Nachbar Frankreich, glauben an dieses Versprechen.
Inzwischen haben sich dann aber doch zwei brauchbare alternative Energiequellen aufgetan. Windkraft und Photovoltaik sind augenscheinlich nicht so untauglich und so teuer, wie es anfangs kolportiert wurde. Die deutschen Klimaschützer glauben auch fest, oder zumindest behaupten sie es, dass diese beiden Alternativen ausreichen werden, den technologisch-wirtschaftlichen Status quo und damit den Lebensstandard hierzulande auch in Zukunft sichern zu können. Bisher funktioniert das auch, ein großer Teil des Strombedarfs wird heute schon aus Windkraft- und Photovoltaikanlagen gedeckt. Dieser Strom hat aber einen entscheidenden Nachteil: Er ist nicht unbedingt dann verfügbar, wenn man ihn braucht. Und schon werden immer vernehmlicher die Stimmen laut, es vielleicht doch mal wieder mit der – neuerdings sogar seitens der EU als nachhaltig erachteten – Kernenergie zu versuchen. Honit soit qui mal y pense.
Man kann es auch so zusammenfassen: Eine nachgewiesene oder auch nur hypothetische Klimaschädlichkeit des CO2 könnte sich noch als Rettungsanker der Nuklearindustrie erweisen. Ob das Zufall ist oder ob der menschengemachte Klimawandel nicht doch dereinst vom Marketing der Kernkraftwerksbetreiber erfunden wurde – ganz von der Hand zu weisen ist dieser Verdacht nicht.
Wie dem auch sei: in der Politik geht es bei der Energiewende hin zu den „nachhaltigen“ Energiequellen auffällig oft nur um die Stromerzeugung. Die Politiker und ihre klimaschützende Lobby rühmen stets die Erfolge, wie viel Strom denn heute wieder aus erneuerbaren Energien erzeugt wurde. Weltweit fließt der überwiegende Anteil der fossilen Energieträger aber gar nicht in die Stromerzeugung, sondern wird im Verkehr, in der Industrie und in den Haushalten unmittelbar und ohne den Umweg über den Strom gebraucht. Dabei wird ein Vielfaches mehr an CO2 erzeugt als bei der reinen Stromerzeugung.
Um die Herausforderungen dabei schon hier anzusprechen: Wenn beispielsweise alle hierzulande bisher fossil angetriebenen PKW und LKW elektrisch betrieben werden sollten, würde dafür selbst die gesamte im Jahre 2021 vorhandene „erneuerbare“ Kraftwerkskapazität nicht annähernd ausreichen. Spätestens die Versorgung von Millionen elektrischer Wärmepumpen für die Gebäudeheizung dürfte alle bisher angedachten erneuerbaren Stromerzeugungskapazitäten sprengen. Das wird von unseren Energiewende-Politikern stets ausgeblendet, wenn sie mit stolzgeschwellter Brust verkünden, wie viele Elektroautos letzte Woche verkauft wurden.
Das stets allwissende Bundesverfassungsgericht kam im Frühjahr 2020 zu dem Schluss, dass der Ausstieg aus der fossilen Energie zu langsam erfolge, man möge sich mehr beeilen (6). Woher auch immer die Verfassungsrichter ihre Weisheit nahmen, wie schnell man hierzulande Windräder aufstellen muss: unter Berufung auf dieses Urteil setzt die deutsche Politik seitdem voll und ganz auf die erneuerbaren Energien. Man kann dabei den Eindruck gewinnen, als glaubten unsere Politiker und Klimaaktivisten, die Energiewende wäre lediglich eine Frage des politischen Willens. Gäbe es nicht so viele Ignoranten, wäre die Klimaneutralität Deutschlands, und damit die Rettung des Erdklimas, eine Sache von wenigen Jahren. Besonnene Kritiker, die mahnen, nichts zu überstürzen, werden geflissentlich ignoriert: so beispielsweise der renommierte Klimaforsche Hans von Storch, der am 2. Dez 2019 in der ARD-Sendung „Hart aber fair“ anmerkte, dass die bislang in Deutschland umgesetzten und auch für die Zukunft angedachten Maßnahmen den globalen Klimawandel nicht einmal ansatzweise werden bremsen können.
Dabei ist der deutsche Weg, für den Klimaschutz gleichzeitig auf alle fossilen Technologien und auch auf nukleare Energieträger zu verzichten, weltweit einzigartig. Das traut sich bisher noch kein anderes Land auf dieser Welt zu. Der einzige mir bekannte Politiker, der Deutschland schon früher einmal einen ähnlichen Technologiesprung verordnen wollte, war ein gewisser Henry Morgenthau . Dessen Idee hat glücklicherweise nie jemand ernsthaft in Erwägung gezogen.
Gehen wir aber ins Detail! Sehen wir uns an, ob wir eine Chance haben, die Energiewende umzusetzen und die Erde zu retten!
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Quellen:
1. Arrhenius, Svante. On the Influence of Carbonic Acid in the Air upon the Temperature of he Ground. Philosophical Magazine and Journal of Science. Series 5, April 1896, Bd. 41, S. 237-276.
2. Meadows, Dennis. Die Grenzen des Wachstums: Bericht des Club of Rome zur Lage der Menschheit. Stuttgart : dva, 1972.
3. Trumbull, Douglas. Silent Running (Lautlos im Weltraum). 1972.
4. Fleischer, Richard. Soylent Green (...Jahr 2022...die überleben wollen). 1973.
5. Gerald O. Barney. The Global 2000 Report to the President. [Hrsg.] US State Department Council of Environmental Quality. Washington : U. S. Governement Printing Office, 1980.
6. BVerfG. Beschluss des Ersten Senats vom 24. März 2021. 1 BvR 2656/18 , Rn. 1-270,. 2021.
Eberhard Därr, 2022